Hochwasserschutz Bad Kissingen
Mehr Sicherheit - neue Vitalität
Um ihre Stadt vor der Zudringlichkeit der Fränkischen Saale zu bewahren, haben die Kissinger seit jeher Großartiges geleistet. Aber nach der verheerenden Überschwemmung von 2003 war klar: Noch größere Anstrengungen werden nötig sein, und zwar sehr schnell. Die Verantwortlichen haben diese Herausforderung mit Auszeichnung bewältigt – durch eine kluge und konsequente Planung. Ein Konzept, das den erforderlichen Hochwasserschutz mit gestalterischen und städtebaulichen Maßnahmen verbindet und so das Potenzial dieser traditionsreichen Kurstadt gleich in doppelter Weise sichert – und Chancen für eine wirklich zukunftsfähige Entwicklung bietet.
Die so genannte „Jahrhundertflut“ vom Januar 2003 bedeutete eine Zäsur für den Hochwasserschutz in Bayern und insbesondere in Bad Kissingen. Teile der Altstadt und der Kuranlagen waren schwer betroffen, der finanzielle Schaden betrug mehrere Millionen Euro. Und die Prognosen aller Experten stimmen darin überein, dass sich solche Ereignisse als Folge des globalen Klimawandels häufen und auch verstärken werden. Die Aussicht, dass Überschwemmungen diesen – oder noch größeren – Ausmaßes in immer kürzeren Abständen erfolgen könnten, zwang alle Akteure zu verstärkten Anstrengungen für einen wirklich langfristigen Hochwasserschutz.
Das Ergebnis: Für die 1,3 Kilometer lange Teilstrecke der Fränkischen Saale durch das Stadtgebiet wurde ein Hochwasserschutzkonzept umgesetzt, das seinesgleichen sucht. Brücken wurden errichtet, Straßen angehoben und eine neue Promenade gebaut.
Hochwasserschutz im Überblick
Die Zahlen des Projektes:
Projektkosten
- Planungskosten: 1.360.000 €
- Baukosten: 12.540.000 €
- Gesamtkosten: 13.900.000 €
Kostenaufteilung
Das Vorhaben wird zu 50 % durch die EU gefördert. Der Restbetrag teilt sich wie folgt auf:
- Freistaat Bayern als Vorhabensträger: 50%
- Freistaat Bayern für den Bereich der Staatsgebäude: 15 %
- Stadt Bad Kissingen für den städtischen Bereich: 35%
Eckdaten zum Hochwasserschutz
- Geschützte Siedlungsfläche: 20,50 ha
- Flächenanteil der gewerblichen Nutzung: 13,30 ha
- Geschützte Arbeitsplätze: 850
Technische Daten zum Bau
- Stützen für das mobile System: 250
- Dammbalken für das mobile System: 2300
- Bohrpfähle: 361
- Beton: 7.000 m3
- Betonstahl: 670 to
- Stahl für die Brückenbauwerke: 190 to
- Deichschüttung: 14.000 m3
- Oberflächenentwässerung / Abwasserkanäle: 1.270 lfdm
- Versorgungsleitungen (Wasser, Gas, Sprudel und Sole): 2.400 lfdm
- Kabelleitungen (Strom, Steuerungsleitungen, Datenkabel): 8.700 lfdm
- Wassergebundene Wege: 6.560 m2
- Pflasterflächen: 6.000 m2
- Bituminöse Gehweg- und Straßenflächen: 2.200 m2
- Brückenbelag: 700 m2
Bauabschnitt 1: Anhebung der Bismarckstraße
Die Bismarckstraße wurde auf einer Länge von rund 400 Metern um bis zu 3 Metern höher gelegt. Sämtliche Versorgungsleitungen mussten an die neue Höhenlage angepasst werden. Die neu gepflanzten, kastenförmig geschnittenen Bäume verleihen der Bismarckstraße in diesem Abschnitt den Charakter einer Allee.
Bauabschnitt 2: Objektschutz am Bristol Hotel
Der Schutz vor einem hundertjährlichen Hochwasserereignis für das überschwemmungsgefährdete Bristol Hotel wird fortan durch eine in die Fassade integrierte Abdichtung sichergestellt. Die Zugänge sind mit Dammbalken zu sichern, der Innenhof am Marbach wird durch ein Schiebetor vor dem Hochwasser geschützt.
Bauabschnitt 3: Hochwasserschutzdeich zwischen Hallenbad und Ecke Maxstraße/Theresienstraße
Die Trasse des ca. 430 Meter langen Hochwasserschutzdeiches führt direkt durch die Parkanlage mit ihrem großen Baumbestand. Ein Großteil der Bäume konnte ins Vorland umgesetzt und dadurch erhalten werden. Auf der Deichkrone und im Vorland der Fränkischen Saale laden Wege zum Flanieren ein. Mit einer 130 Meter langen und 2,40 Meter hohen Wand schließt die Hochwasserschutzlinie im Norden an das Gelände des Hallenbades an. Der offene Durchgang zwischen den Parkwegen im Vorland und der Promenadenstraße wird durch ein Tor mit mobilen Elementen gesichert.
Bauabschnitt 4: Schweizerhaussteg
Die umliegende Bebauung lässt hier ein markantes Brückenbauwerk als Blickfang zu. Eine Transparenz wie beim Luitpoldsteg ist hier nicht notwendig. Die elegant geschwungene, schlanke Stahlkonstruktion ist über der Fränkischen Saale an einem gewässerüberspannenden, 9,50 Meter hohen und 17 Tonnen schweren Tragwerksbogen aufgehängt und auf vier ausbetonierten Rundstützen gelagert. Der Steg ermöglicht eine hochwassersichere Verbindung zwischen der Balthasar-Neumann-Promenade und der Innenstadt sowie der gegenüberliegenden Bismarckstraße. Das Geländer wurde als Stabgeländer ausgeführt. Die sechs Bauabschnitte wiegen zwischen 11 und 15 Tonnen und wurden wegen der beengten Platzverhältnisse in der Bismarckstraße nur vom östlichen Ufer aus eingehoben.
Bauabschnitt 5: Binnenentwässerung des Mühlbachs
Durch die Sanierung der Deiche wird ein dauerhafter und bestmöglicher Schutz erreicht. Um bei länger andauernden Hochwässern ein Durchströmen der neuen Deiche zu verhindern, erhielten die neuen Deiche in der Deichachse eine bis 8 m tiefe Innendichtung. Von großer Bedeutung ist auch ein durchgehender Deichhinterweg zur regelmäßigen Unterhaltung bzw. Beobachtung und Verteidigung des Deiches im Hochwasserfall.In der Balthasar-Neumann-Promenade wurde ein Pumpwerk zur Regelung der Binnenentwässerung und des Abflusses des Mühlbachs errichtet. Bei Hochwasser wird in der Von-Hessing-Straße der Mühlbach abgeschiebert und über den neu verlegten Regenwasserkanal in den Bergwasserkanal der Maxstraße umgeleitet, so dass kein Wasser mehr in Richtung Rosengarten zum Pumpwerk läuft. Über zwei Pumpen mit einer Leistung von jeweils 100 Litern pro Sekunde wird das sich ansammelnde Binnenwasser der Promenade über die Hochwasserschutzmauer in den Mühlbach bzw. die Fränkische Saale ausgeworfen.
Bauabschnitt 6: Hochwasserschutzmauer mit mobilen Elemnten entlang der Balthasar-Neumann-Promenade (Rosengarten)
Die Gestaltung der Hochwasserschutzwand wurde durch die Einarbeitung von Kassettennischen auf die historische Ludwigsbrücke abgestimmt. Durch die neue Hochwasserschutzwand durfte die Promenade nicht vom Rosengarten abgegrenzt werden. Die Blickbeziehung, auch für die Gäste in den Cafés, sollte nicht beeinträchtigt werden. Die Wand hat deshalb eine Sockelhöhe von nur 90 bis 100 Zentimetern und kann mit mobilen Stützen und Dammbalken auf bis zu 2,70 Meter Höhe aufgestockt werden. Da die Mauerscheiben abschnittsweise versetzt angeordnet sind, ist ein ungehinderter Durchgang zum Rosengarten gegeben. Der Eingangsbereich zum Rosengarten und zur Promenade wurde offen und einladend und zugleich durch eine Rampe barrierefrei gestaltet. Während der Bauarbeiten wurde der Zugang zu den Geschäften und Cafés für Fußgänger jederzeit gewährleistet. Im Rosengarten und in der Fortführung des Schweizerhaussteges musste für die Baumaßnahme die zum großen Teil sehr dichte Bepflanzung gerodet werden. Die Promenade wurde anschließend mit 7 bis 9 Meter hohen Ahornbäumen, Säuleneichen und Gleditschien neu bepflanzt.
Bauabschnitt 7: Hochwasserschutzwand mit mobilen Elementen zwischen Arkadensteg und Luitpoldsteg
Besonders anspruchsvoll waren die Arbeiten direkt vor den historischen Bauten der Wandelhalle. Das Mauerwerk der Arkadenbögen entlang der Uferpromenade wurde saniert, ein mobiler Hochwasserschutz in eine Geländerpfostenkonstruktion integriert. Verbunden damit war die Erneuerung der gesamten Oberflächenentwässerung hinter dem Regentenbau und der Wandelhalle. Die Promenade musste an einer Ecke der Wandelhalle für eine Durchfahrt erweitert werden, um im Bedarfsfall den mobilen Hochwasserschutz verteilen und aufbauen zu können. Hier entstand ein auf einer Brunnengründung in der Fränkischen Saale gelagerter Cortenstahlbalkon, der zusammen mit der Beleuchtung der Arkadenbögen einen interessanten architektonischen Akzent setzt.
Bauabschnitt 8: Luitpoldsteg
Den Abschluss der Hochwasserschutzmauer bildet der neue Luitpoldsteg. Mit seiner leicht schwebenden Silhouette mit Gegenbogen verbindet er den Platz südlich der Wandelhalle an der Lindesmühlpromenade hochwassersicher mit dem Luitpoldbad und den Kurparkanlagen. Als Leitbild für diesen städtebaulich bedeutsamen Bereich durfte der Steg kein dominierendes Bauwerk darstellen. Der Hochpunkt der Gradiente liegt deshalb über der Fränkischen Saale. Optische Leichtigkeit und Transparenz wurde durch eine Stahlkonstruktion erreicht. Die Stegkonstruktion besteht aus sechs Bauabschnitten mit einem Gewicht zwischen 8 und 18 Tonnen und fünf Rundstützen, die zum Schutz vor Korrosion und Eisstoß bzw. Anpralllasten ausbetoniert wurden. Wegen der Insellage durch einzelne Bauabschnitte und der beengten Platzverhältnisse an der Ostseite der Fränkischen Saale wurden diese Brückenteile mit Hilfe von zwei Autokränen eingebracht. Durch mehrmaliges Hochwasser kam es zu erheblichen Verzögerungen im Montageablauf.
Bauabschnitt 9: Hochwasserschutzmauer mit mobilen Elemnten an der Lindesmühlpromenade
Besondere Herausforderungen in diesem Bauabschnitt waren die Erstellung einer ca. 200 Meter langen Hochwasserschutzwand und der Ersatz des alten Luitpoldsteges. Der Platz südlich der Wandelhalle wurde umgestaltet und auf der gesamten Promenade südlich der Ludwigsbrücke ein einheitliches Pflaster verlegt. Bei der Gastaltung des Platzes wurden die vorgegebenen Geometrien der Gebäude, die technischen Anforderungen der Hochwasserschutzwand und der Treppenanlage zum Luitpoldsteg zu einem harmonischen, offenen Bild vereint. Die starren Linien der Kurhausstraße wurden durch die leicht geschwungene Brückenrampe aufgebrochen - sie zieht die Passanten gewissermaßen mitten in den Platz hinein. Um die Fränkische Saale für die Menschen erlebbar zu machen, entstand darüber hinaus eine Treppe mit unterschiedlichen Plateaus, die direkt zum Gewässer führt. Zusätzlich belebt wird der Platz mit einem Springbrunnen, gebildet durch einen Rahmen aus Cortenstahl mit Wasservorhängen und Sprudeltöpfen.
Bauabschnitt 10: Umgestaltung am Denkmal der Quellengruppe "HYGIEIA"
Am südlichen Abschluss der Hochwasserschutzmauer wurde das landseitige Gelände angehoben. Durch die ansprechende Gesamtgestaltung mit dem Anschluss des Schutzsystems an den vorhandenen Wall und die Einbindung der Mauer in das Vorland erfährt dieser Bereich eine umfassende Aufwertung.
Kofinanzierung aus Mitteln "der EU"